Dritter Mitgliederrekord in Folge
Der organisierte Sport in Hessen boomt weiter, immer mehr Menschen zieht es in die Vereine. Zum dritten Mal in Folge konnte der Landessportbund Hessen (lsb h) einen Mitgliederrekord vermelden. Laut der jährlichen Bestandserhebung gehörten den 7.343 Vereinen zum Stichtag 1. Januar 2025 2.265.048 Menschen an – 50.955 mehr als im Vorjahr. Das entspricht einem Zuwachs um 2,3 Prozent. Mehr als jeder dritten Einwohner in Hessen ist somit Teil des organisierten Sports, der seinen Status als mit Abstand größte Bürgerbewegung im Land untermauern konnte. Dass der Anstieg geringer als im Vorjahr (+3,59 Prozent) ausfällt, ist für lsb h-Präsidentin Juliane Kuhlmann kein Wehrmutstropfen. „Wir müssen uns vor Augen führen, dass wir in herausfordernden Zeiten leben. Die gestiegenen Lebenshaltungskosten setzen viele Menschen unter Druck, was die Mitgliedergewinnung erschwert“, erläutert die hessische Sportchefin und betont: „Der Trend zeigt in fast allen Altersklassen in die richtige Richtung.“
4.520 Vereine mit weniger als 200 Mitgliedern
Der Großteil der Vereine (6.995) hat weniger als 1.000 Mitglieder, nur 345 liegen über dieser Marke. Demgegenüber stehen 4.520 Vereine, die weniger als 200 Mitglieder in ihren Reihen haben. Durchschnittlich gehören den hessischen Vereinen 308 Mitglieder an – neun mehr als im Vorjahr. 55 Vereine verschwanden im vergangenen Jahr von der Bildfläche – neun mehr als 2023. „Das ist ein bundesweiter Trend. Besonders kleinere Vereine schließen sich verstärkt zusammen, um Synergien zu bündeln und profitieren davon nachhaltig“, sagt Kuhlmann und hebt die Rolle der Vereine hervor: „Sie leisten viel für das soziale Miteinander – und das ist in diesen schwierigen Zeiten wichtiger denn je.“ Vereine seien viel mehr als Sportanbieter, fährt die Präsidentin fort. „Sie begleiten Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung und vermitteln ihnen Werte, die für das Funktionieren der Gesellschaft unverzichtbar sind. Und sie verbinden Menschen unterschiedlichster Kulturen miteinander – über alle Altersgruppen hinweg.“
Integration, Inklusion und gesellschaftliche Vielfalt werde im organisierten Sport vielerorts vorbildlich gelebt. „Unsere Vereine“, so Kuhlmann weiter, „sind Lernorte und Stützen unserer Demokratie, die leider unter Druck geraten ist.“ Deshalb sei es so wichtig, ihre Arbeit zu stärken und für intakte Rahmenbedingungen zu sorgen, was sich der lsb h auf die Fahnen geschrieben habe. „Wir setzen uns auf unterschiedlichsten Ebenen für unsere Vereine ein – das ist die Basis für die erfreulichen Entwicklungen in den vergangenen Jahren“, sagt Kuhlmann und führt aus: „Wir sind ständig Dialog mit der Politik, damit der Sport auch in finanziell schwierigen Zeiten umfassende Unterstützung erfährt. Wir beraten in Fragen der Vereinsführung und bieten eigene Förderprogramme an. Und wir investieren in Ausbildung, damit unsere Vereine die Qualität ihrer Angebote hochhalten und Mitglieder langfristig binden können.“
Fast 60 Prozent der Mitglieder sind männlich
Dass die männlichen Mitglieder deutlich in der Überzahl sind, verdeutlicht auch die aktuelle Bestandserhebung. 1.333.433 männlichen Mitgliedern (+25.099) stehen 927.497 weibliche (+21.823) gegenüber. Prozentual betrachtet legten die Frauen zwar um knapp 0,5 Prozent mehr zu – doch das beeinflusst das Geschlechterverhältnis nur marginal: Fast 60 Prozent aller Vereinsmitglieder sind männlich – ein Wert, der seit vielen Jahren konstant ist. Die größten Zuwächse vollzogen sich bei den Kindern bis 14 Jahren. Bei den 0- bis 6-Jährigen stiegen die Mitgliederzahlen von 144.535 auf 150.896 (+4,40), bei den 7- bis 14-Jährigen von 382.951 auf 398.854 Mitglieder (+4,15).
„Die Zuwächse sind sehr erfreulich und zeigen, dass Sport im Verein bei Heranwachsenden weiterhin hoch in Kurs ist“, sagt Kuhlmann und hält fest: „Unsere Vereine leisten einen unverzichtbaren Beitrag zu ihrer motorischen und sozialen Entwicklung. Das ist aber nur möglich, wenn sie eine ausreichende Anzahl an gut ausgebildeten Übungsleiter*innen in ihren Reihen haben.“ Deshalb sei es eine zentrale Aufgabe des lsb h, das eigene Ausbildungsangebot auszudifferenzieren und den Zugang niederschwellig zu gestalten – etwa durch Blended-Learning-Formate. Als Chance betrachtet Kuhlmann die interkulturelle Übungsleiter*innen-Ausbildung, die der lsb h seit einigen Jahren anbietet: „Wir setzen uns dafür ein, dass noch mehr Menschen mit Migrationshintergrund Verantwortung in den Vereinen übernehmen.“ Sie könnten neue Blickwinkel einbringen – und dabei helfen, den Übergang vom Jugend- ins Erwachsenalter erfolgreich zu gestalten, erläutert die Präsidentin.
Entwicklung bei 19- bis 26-Jährigen rückläufig
Dass die Bindung über das Kindesalter hinaus weiterhin eine Herausforderung ist, zeigt die aktuelle Bestandserhebung. So fallen bei den 15- bis 18-Jährigen die Zuwächse geringer aus – von 148.356 auf 149.478 Mitglieder (+0,76). Und bei den 19- bis 26-Jährigen ist die Entwicklung sogar rückläufig – von 200.315 auf 199.292 Mitglieder (-0,51). Leichte Verluste hingenommen werden mussten auch bei den 41- bis 60-Jährigen (-500, -0,09) – der größten Altersgruppe. 538.976 Menschen gehören ihr an, fast jedes vierte Mitglied also. Dieser Trend ist auf die Entwicklung bei den Männern zurückzuführen. Sie verloren um 0,29 Prozent, während die Frauen erneut zulegten (+0,19) und somit den Trend des Vorjahres bestätigten. Zuwächse gab es auch bei den 27- bis 40-Jährigen (+3,17) und in der Altersgruppe 60+ (+3,10). Der demografische Wandel macht sich immer mehr bemerkbar. Älter als 60 Jahre sind mittlerweile 21,23 Prozent aller Mitglieder – ein Wert, der in den kommenden Jahren weiter steigen wird. „Der demografischer Wandel ist für unsere Vereine Herausforderung und Chance zugleich. Sie müssen ein Stück weit umdenken und neue Angebote entwickeln“, blickt Kuhlmann voraus. Dass es sich lohnt, die Altersgruppe 60+ an den Vereinssport zu binden, ist sich die hessische Sportchefin sicher. „Ihr gehören viele Menschen an, die sich ein Ehrenamt vorstellen können und im Rentenalter auch die Zeit dafür haben.“
Aufwärtstrend beim Skiverband und HBRS
Ein Blick auf die Sportarten zeigt: 47 von 60 Fachverbänden haben Mitgliedschaften hinzugewonnen. Mit 632.919 Mitgliedschaften (+20.062, +3,27) am größten ist der Hessische Fußball-Verband, der auch die meisten Vereine (2.057) stellt. Dahinter folgt der Hessische Turnverband (HTV) mit 619.219 Mitgliedschaften (+16.140, +2,68), der allerdings 12.569 Mitgliedschaften weniger als im Vorjahr hinzugewann. Zusammen vereinen die beiden Verbände 53,67 aller Mitgliedschaften in den Fachverbänden (2.332.958) auf sich. Hinter ihnen folgen mit Abstand Tennis (133.885), Leichtathletik (99.586) und Schießen (96.123). Die kleinsten Verbände gibt es im Modernen Fünfkampf (127), Bob und Schlitten (131) und Billard (347). Betrachtet man die Zuwächse in absoluten Zahlen, so wird deutlich: Neben Fußball und Turnen zählen Schwimmen (+3.513), Tanzen (+2.312), Bergsteigen, Skiwandern (2.236) und Handball (2.025) zu den großen Gewinnern. Verluste mussten Pferdesport (-1750), Leichtathletik (-270) und Kanu (-265) hinnehmen. Der Hessische Skiverband (HSV), der 2023 noch die meisten Verluste hatte hinnehmen müssen (-889), legte im vergangenen Jahr zu (+105). Einen Aufwärtstrend gab es auch beim Hessischen Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband (HBRS), der sich über 940 neue Mitgliedschaften freuen durfte, nachdem man 2023 noch 640 Mitgliedschaften verloren hatte. Die prozentual betrachtet größten Zuwächse gab es im Cheerleading (+28,68), beim Gehörlosensport (+26,91) und im Dart (+23,15), während Bob und Schlitten (-9,66), Bahnengolf (-6,76) und Kanu (-2,88) am meisten verloren.
Alle Sportkreise legen erneut zu
Mit Abstand größter Sportkreis bleibt Frankfurt, der seine Mitgliederzahlen von 319.312 auf 341.248 Mitglieder steigern konnte (+6,87). Der Zuwachs fiel etwas geringer aus als im Vorjahr (+9,09). Zweitgrößter Sportkreis ist Darmstadt-Dieburg (164.501, +1,65), gefolgt von Main-Kinzig (137.353, +2,2). Die mitgliederschwächsten Sportkreise sind Werra-Meißner (36.227, +1,29), Odenwald (36.434, +0,46) und Vogelsberg (47.325, +1,24). Besonders erfreulich: Alle Sportkreise legten 2024 erneut zu. Die meisten Vereine hat Main-Kinzig (538), gefolgt von Region Kassel (455) und Wetterau (433), die wenigsten hat Odenwald (156) sowie Werra-Meißner und Main-Taunus (je 208).